Gerade habe ich Urlaubsfotos vom letzten Urlaub an der Nordsee angeschaut – es waren unvergessliche Wochen und ich habe dort einiges lernen dürfen. Im hohen Norden gibt es den schönen Spruch „Jetzt gibt es Butter bei die Fische“, was so viel bedeutet wie: Jetzt wird Klartext geredet, jetzt kommen wir zum Punkt – es geht also um das Wesentliche, wenn die Butter zum Fisch kommt.
Während ich so über diesen Spruch nachdenke, merke ich, dass ich wütend werde, wütend über das, was noch immer in viel zu vielen Kitas jeden Tag passiert: Kinder werden durch Beschäftigungsdschungel gehetzt, sie haben viel zu wenig Zeit zum Spielen. Kinder werden eingetaktet, müssen an unterschiedlichsten Angeboten teilnehmen, sie müssen funktionieren, werden gestresst und unter Druck gesetzt. Kinder werden beschämt, sie werden frustriert und nicht selten werden sie angeschrien und hart angefasst.
In vielen Einrichtungen werden Kinder und ihre Bedürfnisse nicht ernst genommen. Kinderrechte werden mit Füßen getreten, Bildungspläne sind noch immer nicht verstanden und Pädagog*innen verlaufen sich – trotz Plan und im Plan.
Nun gibt es die meisten Bildungspläne schon seit über 10 Jahren und noch immer wird überwiegend nach einem „Stundenplan“ gearbeitet, den die Pädagog*innen festlegen und bei dem die Interessen und Bedürfnisse der Kinder viel zu oft auf der Strecke bleiben. Es werden vorgefertigte Programme durch gestresste Pädagog*innen abgespult.
Das ist falsch. Es widerspricht einfach all dem, was man heutzutage über Kinder, Entwicklung und Lernen weiß – dadurch widerspricht ein solcher Alltag zudem der Philosophie sämtlicher Bildungspläne aller Bundesländer!
Ein Beispiel: Nachdem der alltägliche Langeweilemorgenkreis erledigt ist (in dem die Kinder permanent ermahnt wurden leise zu sein und sitzen zu bleiben) – sollen Kinder von 9.30-9.45 Uhr Silben klatschen, von 10.00-10.45 Uhr folgt eine Bewegungseinheit, die natürlich gut vorbereitet ist und angeleitet wird, anschließend singen sich Kinder von 11.30-12.00 Uhr durch diverse Zahlenländer und gleich nach dem Mittagessen, nachdem schnell halbherzig Zähne geputzt wurden, müssen, wenn alle durchgewickelt sind und auf dem Klo waren, die Kleinen schlafen und die Großen irgendwie leise sein und schlecht kopierte Mandalavorlagen ausmalen, bevor sie am Nachmittag, nach dem Obstsnack, noch an einem Kreativangebot teilnehmen, eine Stunde in den Garten dürfen und den Tag anschließend mit Übungen zur gewaltfreien Kommunikation ausklingen lassen – uffff….
Diese kurze Beschreibung ist noch die harmlose Variante – es gibt leider unzählige Kitas in denen, zu all dem Übel, noch ein sehr harter und liebloser Ton herrscht, es gibt unzählige und sündteure (Privat-) Kitas in denen es stündlich neue und vollkommen abstruse Angebote gibt, die auf Eltern zwar sehr beeindruckend wirken, den Kindern aber nicht gerecht werden, weil es eben keine Angebote sind, sondern Pflichtveranstaltungen, die kein Kind wirklich braucht!
Nun kommt die Butter zum Fisch: Das wichtigste in den Bildungsplänen steht ganz am Anfang – noch weit bevor Basiskompetenzen und Bildungsbereiche beschrieben sind – es ist das Bild vom Kind, das all den Plänen zugrunde liegt. Solange das nicht verstanden und assimiliert ist, wird man Kindern nicht gerecht.
Und nun entscheiden Sie, ob Sie zum Thema Umsetzung Ihres Bildungsplanfisches Butter haben wollen – falls ja, können Ihnen folgende Fragen dabei helfen:
- Kennen Sie die Interessen und Talente jedes Kindes in Ihrer Einrichtung?
- Fühlt sich jedes Kind in Ihrer Einrichtung wohl und angenommen – genau so wie es ist?
- Haben alle Kinder täglich und sehr viel Zeit (mind. 4 Stunden) um frei zu spielen – mit wem sie wollen, wo sie wollen und was sie wollen?
- Wo und wann findet in Ihrer Einrichtung selbstgesteuertes Lernen statt?
- Leben Sie WIRKLICH Partizipation – im Team und mit den Kindern?
Zum Wohle der Kinder wünsche Ihnen Mut sich und anderen immer wieder Fragen zu stellen!